Cäsar und Marie-Louise Ritz
Cäsar Ritz
Kindheit
Cäsar Ritz erblickte am 23. Februar 1850 in Niederwald das Licht der Welt. Er war das dreizehnte und zugleich jüngste Kind von Anton und Kreszentia Ritz-Heinen. Wie damals üblich, lernte der Bauernbub von Kindesbeinen an, mitanzupacken. So musste Cäsar schon früh die Ziegenschar hüten.
Doch seine Mutter schien bald zu spüren, dass in ihrem Buben eine künstlerische Ader schlummerte; obwohl damals noch niemand ahnte, dass aus dem aufgeweckten Jungen einmal der „König der Hoteliers und Hotelier der Könige“ werden würde.
Jugendjahre
Mit vierzehn Jahren verliess Cäsar erstmals sein Heimatdorf, um sich in Sitten in einer französischsprachigen Schule weiterzubilden. Anscheinend zeigte Cäsar keinen allzu grossen Einsatz, denn sein Vater schickte ihn schon bald darauf nach Brig in eine Lehre als Kellner. Wer nun denkt, der junge Cäsar hätte gleich beim ersten Kontakt mit der Gastronomie seine Berufung gefunden, der hat weit gefehlt. Der Patron des Hotels „Couronne et Post“ quittierte die Arbeit seines Lehrlings mit den Worten: „Aus dir wird nie ein richtiger Hotelier!“
Schritte in die Welt hinaus
Die Weltausstellung von 1867 in Paris übte auf den Siebzehnjährigen eine solche Faszination aus, dass er kurzerhand die Koffer packte. In Paris arbeitete sich Cäsar vom Hilfskellner über den Kellner und Oberkellner bis zum Leiter empor. Er galt als nimmermüder Schaffer, war ausgesprochen kreativ, hatte ein sagenhaftes Gedächtnis und ging auf alle noch so ausgefallenen Wünsche seiner Gäste ein.
Die Weltausstellung von 1873 in Wien zog Cäsars Aufmerksamkeit auf sich. Im Les Trois Frères Provençaux lernte er mit Politikern, Diplomaten und Monarchen umzugehen. Unter anderem lernte er hier eine Person kennen, mit der ihn später eine besondere Freundschaft verband, den Prinz von Wales.
Der ruhmreiche Aufstieg oder der „fliegende“ Manager
Cäsar entschied sich für eine Arbeit in Saisonbetrieben. Immer wieder konnte er mit seinen überraschenden Ideen Gäste und Angestellte überzeugen. So reiste er zwischen 1890 und 1900 durch halb Europa, um mal hier den Managerposten zu übernehmen, mal dort nach dem Rechten zu sehen. Als reisender Hotelier und Fachmann erreichte er den Höhepunkt seines beruflichen Erfolges.
Der Direktor des Hotels „National“ in Luzern soll Cäsar mit folgenden Worten zu sich geholt haben: „Ich habe Sie nicht vergessen. Sie sind mein Mann. Mein schönes Haus steckt in Schwierigkeiten. Sie werden es retten.“ Cäsar nahm die Chance wahr. Zusammen mit dem Meisterkoch Auguste Escoffier – mit dem ihn später eine echte Freundschaft verband – schaffte er dies.
Nicht nur als Erretter heruntergewirtschafteter Hotels, sondern auch als Erbauer berühmter Häuser machte Ritz sich einen Namen. Hier seien nur einige wichtige Stationen seiner Wanderjahre erwähnt: Nizza, Luzern, London, Wien, San Remo, Monte Carlo, Baden-Baden, Rom und andere mehr.
In dieser Zeit des ruhmreichen Aufstiegs fiel eine Begegnung von grosser Bedeutung für Cäsars Zukunft. Er lernte die Hoteltochter Marie-Louise Beck kennen. Im Jahre 1888 heirateten die beiden und von da an war Marie-Louise ihrem Mann stets eine grosse Stütze und schenkte ihm die Söhne Charles und René.
Ein Traum wird wahr
Cäsar träumte vom eigenen Hotel in Paris – vom „Ritz“. Er verwirklichte am Place de Vendôme sein eigenes würdiges Denkmal. Zusammen mit seiner Frau und seinem Architekten plante er, baute, baute um, entwarf, verwarf und stellte wieder her. Cäsar bestürmte seine Handwerker, unterrichtete sein Servicepersonal, kontrollierte den hintersten Winkel und korrigierte kleine Unzulänglichkeiten. 1898 wurde das „Ritz“ feierlich eröffnet.
Im „Ritz“ wurde umgesetzt, was man „Ritz-Philosophie“ nennt: Planung bis ins kleinste Detail, Luxus, Meisterküche, erstklassige Architektur und vor allem – der Gast ist König!
Cäsar selbst sagte einmal zum Beruf des Hoteliers: „Der Hotelier muss ein wahres Universalgenie sein – ein Fachmann in Lebensmitteln, ein Fachmann in Weinen und Wäsche, ein Kunstverständiger in Architektur, ein sattelfester Finanzmann, ein Psychologe und Diplomat, ein Schönredner, ein Sprachtalent und er muss verschwiegen sein.“
Abgang
Lange konnte sich Cäsar seines ruhmreichen Lebens nicht freuen. Der unermüdliche Schaffensdrang (zeitweise hatte er zehn Hotels gleichzeitig geführt) forderte seinen Tribut.
Bereits mit fünfzig Jahren erkrankte er schwer. Depressionen und Zusammenbrüche wurden nur durch kurze bessere Phasen unterbrochen. Die letzten sechzehn Jahre verbrachte Ritz mehrheitlich in der Innerschweiz. Am 23. Oktober 1918 starb er einsam in einer Klinik in Küssnacht am Rigi. Seine Frau hatte Probleme mit der Einreise und kam deshalb zu spät.
Was ist geblieben? Nicht nur die Erinnerung an einen grossen Hotelier, sondern vor allem dessen Philosophie, die im bekannten Ausspruch gipfelt: „Der Gast ist immer König!“
Marie-Louise Ritz (geb. Beck)
Gemahlin – Begleiterin – Niederwald-Fan – Stifterin
Marie-Louise Beck und Cäsar Ritz heiraten 1888. Sie wird ihm eine unentbehrliche Stütze sowohl in guten wie in schlechten Tagen. Die sprachbegabte Frau ist im Hotelfach bestens bekannt und berät ihren Mann vor allem in Sachen Inneneinrichtung, Stoffe und Geschirr. Sie schenkt Cäsar zwei Söhne: Charles und René.
Sie übernimmt vom Gatten später die Führung des „Ritz“ und leitet es bis zu ihrem Tod im Jahre 1961 – 93-jährig.
Zeitlebens bleibt sie eng mit Niederwald verbunden. Jedes Jahr im Sommer reist Marie-Louise Ritz mit Bahn und Kutsche ins Heimatdorf ihres verstorbenen Mannes. Die Lady wird herzlich willkommen geheissen und es findet alljährlich ein grosses „Ritz-Fest“ statt, an dem die ganze Bevölkerung teilnimmt.
Marie-Louise Ritz gründet 1929 die Cäsar Ritz Stiftung Niederwald und erfüllt damit einen letzten Wunsch von ihrem Mann. Cäsar Ritz hatte zeitlebens den Wunsch gehegt, in Niederwald etwas zu realisieren. Er befasste sich auch mit dem Gedanken, ein Ritz Hotel zu erstellen. Bedingt durch seine Krankheit konnte er dies nicht mehr umsetzen.
Das Stiftungskapital wurde von der Familie Ritz eingebracht. Die Stiftung wurde als Familienstiftung gegründet, später in eine gemeinnützige Stiftung gewandelt und unterstützt seit über fünfzig Jahren die Jugendlichen von Niederwald finanziell. Der Stiftungszweck konnte dank der guten finanziellen Lage auf die Grundausbildung von Jugendlichen in den Bereichen Gastronomie und Produktion von lokalen landwirtschaftlichen Produkten auf das ganze Goms ausgeweitet werden.
Charles und René Ritz
Charles (1891 – 1976)
Charles Ritz befasste sich lieber mit der Fischerei als mit der Hotellerie; vor allem mit der Fliegenfischerei. Er war ein Meister seines Fachs und schrieb auch mehrere Bücher darüber.
Daneben hat er seiner Mutter Marie-Louise bei der Leitung des „Ritz“ geholfen. Leider war die Ehe mit seiner Frau Monique kinderlos und da auch René keine Kinder hatte, gibt es heute keine direkten Nachkommen von Cäsar Ritz.
René (1896 – 1918)
René Ritz träumt schon als Kind vom Theater. Er selbst will immer den Part des Prinzen übernehmen, während den anderen die Rolle des Bösen bleibt. Bereits im jugendlichen Alter verunfallt René schwer und stirbt wenig später an den Folgen des Unfalls – zwei Monate vor seinem Vater.
Mme Monique Ritz (geb. Ramseier)
Monique Ritz, die Schwiegertochter von Cäsar, stiftete der Gemeinde Niederwald – passend zu Cäsar’s Leben – einen Dorfbrunnen mit der Inschrift: „Schritte in die Welt hinaus, mit Flügeln im Geist und brennender Sehnsucht im Herzen“.
Monique Ritz war es auch, die nach dem Tode von Charles Ritz, ihrem Gatten, die Leitung des „Ritz“ in Paris übernahm und das Hotel bis 1979 führte.
Mit dem Verkauf des „Ritz“ an Magnat Al Fayet geht die Ära „Ritz“ in Paris zu Ende. Doch der Name „Ritz“ – „ritzy“ für elegant, phantastisch, extravagant bleibt.
Monique Ritz wird später Präsidentin und Ehrenpräsidentin der Cäsar Ritz Stiftung Niederwald und für ihre Verdienste zur ersten und bisher einzigen Ehrenbürgerin von Niederwald ernannt.
Im Januar 2011 ist Monique Ritz als die letzte Repräsentantin der Dynastie Ritz in Genf verstorben.
Cäsar Ritz hat zusammen mit seiner Frau Marie-Louise und seinem Sohn René in Niederwald seine letzte Ruhestätte gefunden.